Allgemein

Durchbruch

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Kopf an Kopf. Kurz, die flotte Fregatte und Strache, das alte Schlachtschiff. Beide verkündeten gern: Mein Land in Sicht! Beiden alle Mittel recht. Beide bereit, mit dem Kopf durch die Wand zu brechen und mit dem Bug durch den Sand zu stechen. Ein österreichisches Schlammscharmützel.

Treibsand

RKA_26_Treibsand
Wir spielen unsere Spiele immer nur im September. Wir reisen dafür jedes Jahr drei Tage lang an einen Ort, den wir per Zufall bestimmen. Für den Zufall bist immer schon du zuständig gewesen. Du für die Zufälle – ich für die Einfälle. Dir lag Philosophisches, Mythisches und Verqueres schon immer. Mir lag immer schon was an dir. Deshalb mache ich noch immer mit. An sich kann ich mir die Reisen ja, seit meinem großen Tag vor drei Jahren an der Ostsee unweit von Sopot, gar nicht mehr leisten. An sich schaffe ich unsere Spiele schon rein körperlich kaum mehr, vom Mentalen gar nicht zu reden. Aber das Dabeisein, das dir Nahsein entschädigt dann doch für vieles. Vergleichen lassen sich unsere Spiele mit nichts mir Bekanntem. Erste Hilfe wird schon geleistet – untereinander. Von offizieller Seite dürfen wir uns nichts erwarten. Legal waren unsere Spiele von Anfang an nicht. Man kann unsere Spiele durchaus Dekadenzathlon nennen. Mehr Kunst als Sport, mehr Ernst als Spiel, mehr Russisches Roulette als Strippoker. Vor drei Jahren überspannten wir den Bogen, denn neben mir trugen noch zwei Freunde (ach, Freunde sind wir doch alle längst nicht mehr, wir sind Spielfiguren) bleibende Schäden davon. Das Video von meinem Ausfall verbreitete sich viral. Seither haben wir Mühe, im Verborgenen zu bleiben. Diesmal bin ich Scharfrichter. Ich hab da eine Rechnung zu begleichen, ich hoffe, es trifft nicht dich.

Wonnenbrand

DSC07607Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Soeben ist „Wonnenbrand“ erschienen (Edition Yara). Ein Poesiekorrespondenz-Projekt mit meinem FULS-Partner Peter Clar.

Im Mai 2017 haben wir uns täglich 12-Zeiler geschickt, um das Tagesgeschehen, die Umwelt und die Befindlichkeit zu dokumentieren. Wir reisten viel, wir lasen viel und beendeten das Projekt dann gemeinsam in Danzig.

Schrankwand

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1
Das wird die Rolle deines Lebens, sagte er. Damit wirst du sie alle entknipsen und einwickeln. Damit wirst du die Fotosprache neue grammatisieren. Damit morphst du die Grundbegriffe der Lichtbildkunst. Damit radikalisierst du die Belichtung und setzt auf Erleuchtung. Damit verschiebst du den Fokus von Dokumentation auf Prophezeiung, von Feshalten auf Loslassen, von Jacke auf Hose. Damit rechnet niemand. Darauf wirst du bauen können. Deine Hosentascheneinblicke werden Augen, Sichtweisen und Geldbörsen von Mäzen öffnen.
2
Das wird die Rolle deines Lebens, sagte der Kasten. Mein Kasten wusste mich immer schon zu motivieren. Ich kam immer schon gut klar mit meinen Kasten. Nur nannte ich ihn eigentlich nicht Kasten. Die Redewendung „Alles im Kasten haben?“ kommt ja aus einer anderen Zeit. Ich komm auch aus einer anderen Zeit. Wer redet denn noch mit seinem Kasten und wessen Kasten antwortet dann auch noch? Ich und meiner. Ich nenn meinen Kasten Kammer. Nicht Kamera – Kammer. Mein Kasten ist meine Herzkammer. Ein Kasten hat Türen, eine Kammer Klappen. Zwischen mir und meiner Kammer klappt’s seit Jahren. Wir klicken und entwickeln uns und spielen stets aufs Neue die Rolle unseres Lebens.
3
Das wird die Rolle deines Lebens, sagte das Objektiv. Aber das Objektiv ist mir zu aufgesetzt. Ich bin mehr Verwackler als Stativ, mehr zugespitzt als Weitwinkel. Ich bin eher Sucher als Objektiv.

Rohrköhlauer #25, am 20. August 2017

15 Jahre Poetry Slam in Österreich

SlamOida
Hurra – die Anthologie ist da!
Slam, Oida! enthält 42 Poetry Slam Texte und viel Slam Wissen und ist ab sofort (für schlappe 14,30 €) erhältlich. Dem Lektora Verlag sei Dank.

Texte, Fotos, Bios, Tipps, Praktisches und Wissenswertes auf 250 Seiten zusammengestellt von Mieze Medusa und Markus Köhle.

Paartherapie

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Anfänglich fällt man über einander her. Wie auch sich bloß betasten, wenn man astlos ist? Wenn man rastlos ist und nicht genug bekommen kann vom Anderen, vom Neuen, vom endlich Eroberten. Anfänglich verschlingt man sich, umschlingt man sich, ringt miteinander, liegt aufeinander und beschwert sich nicht, wird vielmehr schwerelos, hebt ab, geht ineinander auf und wird ein großes, gemeinsames Ganzes, das für immer zu schweben und unverwundbar zu sein scheint. Anfänglich ist man anfällig für Anhänglichkeit. Aber Anhänglichkeit kann Geborgenheit und Last sein. Anhänglichkeit nützt ab, reibt auf, entblößt und führt unweigerlich zu Abhängigkeit. Und Abhängigkeit ist der direkte Weg vom Alltagstrottkreisverkehr über die einspurige Egoeinbahn in die exitlose Beziehungssackgasse. Drum die Devise: Aufbäumen ist besser als anschmiegen.

Rohrköhlauer #24, am 1. August 2017

Baumyoga

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Dass sich neuerdings auch Bäume gesellschaftlichen Trends beugen, wird uns Umwälzungen bescheren, deren Ausmaß noch nicht absehbar ist. Früher schlug gelegentlich der Blitz ein und sorgte für Baumbildabwechslung. Jetzt verbiegen sich Bäume selbst und diese Akte des Stammbruchs sind wohl als Ausbruch aus dem Korsett der Monokultur zu interpretieren.

Rohrköhlauer #23, am 23. Juli 2017

Blumenschnitter

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Die Finnische Flötenputzer-Quastelblume setzt der hiesigen Wiesenblumenwelt vermehrt zu. Sie wurde vom Schispringer Helmi Hämäläinen in seinem Schisack versehentlich nach Österreich eingeschleppt und zählt zu den invasiven Pflanzenarten. Die FFPQB mischt sich in handgepflückte Blumenstäuße und zerlegt dann die Blüten ihrer Straußmithäftlinge doppelt so schnell wie normal. Die FFPQB wird von nichts Böses ahnenden Blumenstraußpflücker_innen gern gepflückt, weil sie so lieblich streichelweich ausschaut und eher als harmlos-wuschelig empfunden wird als den Zerfall beschleunigend. Das ist ihre Waffe. Die FFPQB ist ein schleichender Schnittblumenschnitter.

Rohrköhlauer #22, am 19. Juli 2017

StaTTschreiber in Wels

Stattschreiber
Ja, ich bin es: der erste und letzte StaTTschreiber in Wels. Der Kulturinitiative pro.viele und vielen Spenderinnen und Spendern sei es gedankt. Von September bis November 2017 werde ich vorwiegend in Wels weilen und diverse Projekte verfolgen. Die Antrittslesung steht bereits fest. Sie wird am Sonntag, den 10. September 2017 um 11 Uhr im Hotel Hauser stattfinden. Es gibt Suppe und Texte. Vielen DANK!
Zum Foto: Die Nachricht ereilte mich kurz vor Linz im Zug und zauberte mir ein ehrlich erfreutes Lächeln ins Frühstücksgesicht.

Saunageißel

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Ich will mich auch schlagen dürfen. Ich will Flip-Flops tragen dürfen. Ich will Fallen statt Fragen stellen dürfen. Ich will Streiche statt Cello spielen dürfen. Ich will unser Haus so rot wie meine Stiefelbündchen anmalen dürfen. Ich will Nacktschnecken in Papas Stiefel füllen dürfen. Ich will Birchermüsli in Mamas Stiefel füllen dürfen. Ich will Blutegel in die Stiefel des großen Bruders füllen dürfen. Ich will fühlen dürfen. Ich will mich frei fühlen dürfen. Ich will dürfen. Ich will ausbrechen. Ich will ausbrechen aus dem Dürftigen. Ich will nichts wie weg von hier!

Rohrköhlauer #21, am 12. Juli 2017