Schläfenstreichelstreifen

Gestern schabte ich an mir. Gestern trimmte ich mich lateral. Gestern bescherte mir ein etwas unkontrollierter Rasierapparateinsatz linksseitig, oberhalb des Ohrs eine Haupthaarschneise. Mein Begehr waren an sich schnödes Interesse akustischer Natur. Ich wollte wissen, wie der Apparat klingt und freute mich gleichzeitig, dass der Rasierapparat einer der letzen Apparat-Bastionen ist. Beim Trockenrasierer ist Apparat noch immer nicht antiquiert. Klar, bemühen sich die Hersteller um spaciger klingende Namen. Aber irgendetwas mit -Shave tönt halt auch nicht so überwältigend innovativ. Rasierapparat kann man also noch immer sagen, ohne als Sprachkonservator oder gar -reaktionär appostrophiert zu werden. Mein Begehr war also, zu erhören, wie er klingt, der mich künftig glattrasierende Apparat. Ich gab ihm also Power, hielt ihn ans Ohr, näher ans Ohr, kam plötzlich an der oberen Ohrkante an, heulte auf, zerhäckselt wurde mein Ohrrand nicht, aber ich mähte mir einen circa sieben Zentimeter langen Streifen in mein Seitenhaar. Der Apparat freute sich über die leichte Beute, feine Härchen flogen, stoben, sorgten für ein prickelndes Knistern. Ich mochte das Geräusch des Apparats bei der Arbeit, mehr als das beschäftigungslose Surren, deshalb setzte ich ihn nochmal an und verlängerte die Testzone. danach fuhr ich mit meiner Hand drüber, Erregung, mit dem Handrücken, neuerlicher Erregungsschauer. Entweder ich hatte eine geheime erogene Zone an mir entdeckt, oder eben vermittels des Apparats eine geschaffen. Jetzt bin ich Träger einer Ich-spür-mich-Zone, eines klar erkenntlichen Schläfenstreichelstreifens und fühle mich gut damit. Den Rasierapparat hab ich mit Hinweis auf mein rotes, verletztes Ohr im Laden zurückgegeben.