Es gibt Schneewittchen und Schneehexen, Schneeweißchen und Schneerosenrot, Schneegeißlein und natürlich auch Schneewölfe. Der Schneewolf ist ein Nacht- und Hüttentier. Hätte er besser verhüttet, wäre er längst ausgestorben. Domestizierte Schneewölfe nennt man Holzhüttenschneewölfe. Sie haben ein großes Maul bestehend aus Längs- und Querbalken, ihre Dachrandmaulleiste ist gespickt mit zackigen Eiszapfenleitzinken, ihre Zunge ist schollenförmig, eingedepscht und ihr Gaumenzäpfchen ein frontal gelagerter Orientierungsknubbel. Holzhüttenschneewölfe sind wechtenaffin (Gibt’s auch Graupel-, Kraut- und Sandwechten?), ihre Welt ist, wie der Winter, schwarz-weiß und bitter für Beutetiere: Sechs Geißlein bereits im Magen, eins noch unter der Zunge. Der Frühling ist bunt, der Holzhüttenschneewolf aber ist schwarz-weiß und Blut in schwarz-weiß grau.
Rohrköhlauer # 3, am 31. Jänner 2017
ROHRKÖHLAUER-KONZEPT
Rohrköhlauer ist ein Dialog zwischen Fotografie und Literatur. Die Fotografin Claudia Rohrauer gibt das Bild und den Rhythmus vor, der Autor Markus Köhle liefert den dementsprechend kurzen oder langen Text – je nach Bildfrequenz: 1 Foto pro Woche = 7 Zeilen Text, 1 Foto pro Monat = 28-31 Zeilen, 1 Foto pro Jahr = 365 Zeilen, 2 Fotos pro Tag = 2 halbe Zeilen, etc.
Vorabsprache gibt es keine, Nachbesprechung beziehungsweise Kommentare erwünscht (an: koehle@backlab.at). Die Projektdauer ist auf 1 Jahr (2017) respektive maximal 365 Bild-Texte angelegt.